
IMBERT
Mont Paradis
Ein Mordanschlag auf die Anti-Terror-Chefin des Departements.
Ein völlig unerwarteter Mörder.
Ein Directeur, der von seiner Dienstherrin hintergangen wird.
Imbert auf der Suche nach Integrität.
Gefangen zwischen machtpolitischen Entscheidungen und einer Terrorgruppe, die mordend durch Südfrankreich marodiert. Hintergangen im eigenen Team. Hintergangen von sogenannten Freunden. Mit einer Wahrheit konfrontiert, die er nicht akzeptieren will.
Nicht akzeptieren kann!
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Leseprobe
Gap, 23. Mai 2024, 22:50h
Draußen regnete es. Ein kurzer warmer Regen ergoss sich über die Departementshauptstadt Gap.
Imbert atmete die nasse, gereinigte Luft wie ein Büffel ein, der nicht genug zu Atmen bekam. Er lief durch die vielen kleinen Gassen, die es in der Innenstadt gab. Sämtliche Geschäfte waren zu, die meisten Kneipen waren am Schließen. In einer Kneipe am ‹Cour Emile Zola› kaufte er eine Flasche bretonischen Whiskeys für einen wahrlich unverschämten Betrag, nahm im ‹Tabac› daneben noch eine Packung Gitanes mit und begab sich in den ‹Parc Galleron›.
Dort setzte er sich auf eine Bank direkt an dem kleinen Flüsschen ‹La Luye›, dem kleinen Gewässer, welches Gap von Ost nach West durchfloss, und zündete sich eine Zigarette an, nahm einen ersten Schluck. Er sinnierte.
Nicht nur über Romy, dazu war jetzt keine Zeit. Sie war immer wieder hypereifersüchtig. Was sie nicht notwendig hatte, denn wenn er liebte, liebte er. Aber das einer Frau verständlich zu machen. Er fragte sich nur, ob seine Liebe bei ihr richtig aufgehoben war. Oder ob er nicht wichtige Lebenszeit verschwendete. Seine Gedanken kehrten sofort zurück zum Fall.
Virginie Bonet hatte ein Büro in Tallard, direkt am Flughafen. Das war klug, denn von dort konnte sie sozusagen stündlich in jede Richtung Frankreichs reisen. Was möglicherweise in ihrem Job oft vorkam. In ihrem Büro, da war Imbert sich sicher, würde man nur Trivialitäten finden. Sie war geschult, wichtige Dinge nur dort aufzuheben, wo niemand Unberechtigtes sie abgreifen konnte. Also beispielsweise in der Hochsicherheitscloud des Innenministeriums. Was ihre Vorgesetzte, Emma Camille Najolet, sicherlich auch genau so von ihr verlangt hatte. Imbert lächelte. Und natürlich würde sie weitere wichtige Informationen, diejenigen, die nicht ganz offensichtlich ins Innenministerium gehörten, an anderer Stelle speichern. Wie beispielsweise auf einem in einer Kirchenbank versteckten chiffrierten Mediastick. Es gab während einer Untersuchung, während eines Falls, in einer Aktion, immer wieder Fakten, die zum einen nicht offensichtlich zum Fall gehörten, aber dennoch enorm wichtig sein konnten. Und dann gab es situative Begebenheiten, Imbert nannte sie ‹Argumente›, die nicht in den politisch korrekten Status einer Ermittlung hineinpassten.
Dinge, die den Staat, würden sie ans Licht kommen, in einer ungünstigen Position dastehen lassen würden. Man war durch die Ausbildung angeleitet, diese Dinge für sich zu behalten. Oder, als Mitglied der Babyboomer-Generation, welche die Digitalisierung der ganzen Welt betrieben hatte, eben irgendwo sicher abzuspeichern. N3rdmäßig.
Imbert lachte auf. Und dann gab es da diejenigen, die von Haus aus unbekümmert hatten leben können. Dank ihres Standes reich waren, wichtige Beziehungen hatten, keine Probleme im Leben kannten. Und dennoch total unzufrieden waren. Er dachte erneut an Romy. Wandt seine Gedanken aber in eine andere Richtung. Er und seine Wegbegleiter, das waren junge Menschen, die den Mief alter Gegebenheiten aus dem Weg geräumt und an eine offene, glückliche, positive und harmoniereiche Welt geglaubt hatten. Sie waren jetzt durch die Bedrohungen des Islamischen Staats, durch den Wegfall von moralischen Modalitäten des Umgangs im Krieg, durch die Invasion der Russen in der Ukraine, durch die unmenschliche Unnachgiebigkeit Israels in Palästina eines Besseren belehrt worden. Das Böse im Wesen des Menschen war unausrottbar. Es war eine infinitesimale Aufgabe, dieses Böse in den Griff zu kriegen und auch nur halbwegs zu bändigen. Ein- und wegzusperren. Dazu hatte es bedurft, sich von Wegbegleitern, wie beispielsweise des Humanismus oder auch der Genfer Konvention für Menschenrechte zu verabschieden. Denn der Gegner hatte diese nie anerkannt und kämpfte mit Mitteln, die weit unterhalb der Gürtellinie saßen. Genozid als Maxime.
Er trank einen weiteren Schluck aus seiner ‹Amorik›-Flasche. Eigentlich ein Getränk für seinen Kollegen Dremruz, den alten Bretonen-Götter-Nachfolger.
Pep tra a dremen gant an amzer
Mit der Zeit geht alles vorüber
Er stand auf, schaute erneut den Sternenhimmel mit wachsender Begeisterung an. Um dann mit weniger sicheren Schritten den Weg in sein Büro zu suchen. Den restlichen Whiskey ließ er stehen. Sollte ein anderer Penner seine Freude daran haben.